Was sind Europäische Referenznetzwerke (ERN)?

Für die rund 30 Millionen Menschen, die in Europa mit einer Seltenen Erkrankung leben, kann es schwierig sein eine richtige Diagnose oder Behandlung zu erhalten. Da es nur wenige Fälle gibt sind entsprechende Informationen rar und überall nur bruchstückhaft vorhanden. Kein Land allein hat das Wissen oder die Fähigkeit alle Seltenen Erkrankungen zu behandeln. 

Länderübergreifendes Fachwissen

Die Europäischen Referenznetzwerke (ERN) sollen innerhalb der EU dazu beitragen, dass Fachwissen über Ländergrenzen hinweg ausgetauscht wird, damit für Betroffene die Chance auf eine richtige Diagnose und Behandlung steigt. 

Sie bringen Ärzte mit höchster Fachkompetenz aus ganz Europa in „virtuellen Netzwerken" zusammen, in denen Diagnosen und bestmögliche Behandlungen für Patienten mit einer Seltenen Erkrankung aus ganz Europa diskutiert werden. Dieses geballte Wissen kann sehr hilfreich auf der Suche nach der richtigen Diagnose und der entsprechenden Versorgung sein.

Wie funktionieren die ERN?

Der behandelnde Arzt kann bei Bedarf eines dieser ERN zu Rate ziehen, um komplizierte Fälle mit anderen Kollegen zu besprechen. Es gibt 24 solcher Referenznetzwerke, die auf verschiedene Bereiche spezialisiert sind. Der behandelnde Arzt wird zunächst das am besten geeignete ERN auswählen. Nur nach schriftlicher Einwilligung des Patienten werden der Fall und die Patienteninformationen wie Computertomografie, Labortest, Röntgenbilder etc., in ein gesichertes System eingegeben, auf dass alle Beteiligten des Netzwerkes Zugriff haben. So kann der Arzt den Fall aus der Ferne mit anderen Spezialisten in Europa analysieren und erörtern sowie ähnliche Fälle ausfindig machen. Auf diese Weise kann die Fachkompetenz eines größeren Spezialistenteams genutzt werden, ohne dass der Patient ins Ausland reisen muss. Die Patientendaten sind dabei zu jeder Zeit geschützt.

Behandelnder Arzt bleibt Hauptansprechpartner

Jeder aus dem Netzwerk erhaltene Input geht zurück an den behandelnden Arzt, der für den Patienten weiterhin Hauptansprechpartner bleibt. In jeder Phase ist er es, der entscheidet ob und wie er die erteilten Ratschläge nutzt. Er trifft alle Entscheidungen in Rücksprache mit dem Patienten.

In einzelnen Fällen erbringen die ERN auch weitere Leistungen für Patienten und Ärzte. So bieten sie z.B. Schulungen, Möglichkeiten gemeinsamer Forschung oder die Entwicklung klinischer Leitlinien an. Die Herausforderungen, die ein Leben mit einer Seltenen Erkrankung mit sich bringt, dürfen nicht unterschätzt werden. Die ERN geben Ärzten Zugriff auf lebensrettende Fachkompetenz und bieten Menschen mit einer Seltenen Erkrankung sowie ihren Angehörigen bessere Chancen auf eine genaue Diagnose und eine darauf aufbauende Behandlung.

Übrigens: Weil die Seltenen über Wissen, Erfahrungen und Know-how zu ihren eigenen Erkrankungen verfügen, sind sie in Form von europäischen Patientengruppen (ePAG) ein fester Bestandteil der ERN.

 

Abonnieren Sie "Seltene Einblicke" und wir benachrichtigen Sie, sobald es neue Geschichten, Tipps und Informationen gibt.