Im November 2018 wurde alles anders, es ging mir von Tag zu Tag schlechter. Meine Symptome beliefen sich auf Schwindelattacken, Schwächegefühl aber vor allem brennende Schmerzen in der rechten Schulter. Ich wanderte von einem Arzt zum nächsten und keiner fand wirklich etwas Gravierendes, außer Muskulären Dysbalancen.
In einer Nacht wurde es so schlimm, dass ich vor Schmerzen schrie und am nächsten Morgen in die Notaufnahme gefahren werden musste. Hier wollte man mich erst mit Ibuprofen abspeisen. Als ich dort dann fast kollabierte, wurde schließlich etwas unternommen. Bei einem MRT vom Kopf und der Halswirbelsäule stellte sich eine Bandscheibenvorwölbung heraus. "Endlich eine Diagnose!", dachte ich. Unter Röntgenbeobachtung bekam ich eine Cortison-Behandlung im Spinalkanal. Doch danach wurde alles nur noch schlimmer, ich nahm jede Nebenwirkung von Dextameson mit, die es nur gab: Hungerattacken, Bluthochdruck, Druck auf dem Kopf, Schwindel etc.
"Wenn andere eine weiße Maus sehen, ist Ihre schwarz!"
Abermals ging es in die Notaufnahme - ich wurde dort schon ausgelacht und als psychosomatisch abgestempelt. Mittlerweile hatte mir jedes Krankenhaus in meiner Umgebung psychosomatische/somatoseforme Störungen zugeschrieben. Ein Orthopäde sagte einmal im Gespräch zu mir: „Wenn andere eine weiße Maus sehen, ist Ihre schwarz!" Ich dachte ich bin im falschen Film, schnappte meine Unterlagen und verließ sofort die Praxis.
Innerhalb von sieben Wochen wurden bei mir sieben MRTs vorgenommen, von denen keiner weiterführende Informationen brachte. Langsam glaubte ich, ich sei wirklich psychisch krank. Die Lumbalpunktion ergab nichts, sie fanden nur erhöhte Zuckerwerte bei der Blutuntersuchung und sagten, ich sei Diabetikerin und habe Paresen. Dass nach einer Cortison Behandlung die Zuckerwerte steigen ist nicht ungewöhnlich - mein Vertrauen zu Ärzten war nach diesen Aussagen auf dem Nullpunkt. Anschließend wurde ich noch auf Fibromyalgie untersucht und es wurde eine Fibro diagnostiziert.
Ich beschloss, mein Schicksal nun selbst in die Hand zu nehmen und besuchte in Niedersachsen einen Physiotherapeuten, welcher auf die Atlastherapie spezialisiert ist. Er stellte fest das mein erster Halswirbel nach rechts geneigt und in sich gedreht steht. Er empfahl mir ein Upright MRT, um festzustellen, ob eine Kopfgelenksinstabilität vorliegt. Ich kniete mich rein und bekam ein solches Upright MRT über meine Krankenkasse genehmigt. Im September 2019 erfolgte der Termin in Hannover. Als der Arzt sagte, dass nichts kaputt sei, fiel mir ein Stein vom Herzen. Es wurde eine Versteifung der Halswirbelsäule festgestellt, die sich bei Kopfdrehungen und Neigungen kaum mitdrehte.
Diagnose: Chiari Malformation
Zusätzlich stellte er bei einem weiteren Blick auf das MRT-Bild fest, dass ich eine Chiari Malformation habe. Diese konnte man allerdings nur auf dem Upright MRT in der sitzenden Position sehen. Ich hatte noch nie von dieser Chiari Malformation gehört und hatte keine Ahnung was das ist und für mich bedeutet. Der Arzt führte aus, dass die Chiari Malformation bei mir minimal und ohne einen Stau der Liquor Flüssigkeit sei.
Mein erster Gedanke war: "Oh mein Gott - wo führt das mit mir hin?". Aber ich gebe nicht auf so bin ich eben! Ich trat einer Facebook Gruppe bei und recherchierte im Netz. Dort bin ich auch auf die informative Seite "Diagnose Ungewiss" gestoßen, auf der ich viele Antworten auf meine vielen Fragen erhielt. Bei meinen Recherchen fand ich viele Ansprechpartner und fuhr Anfang des Jahres zu einem Neurochirurgen, welcher spezialisiert auf Chiari Malformation ist. Leider war dieser Besuch nicht zufriedenstellend für mich. Zusätzlich probierte ich viel aus und trat dieses Jahr im August meine Reha in Bad Kötzting an, wo ich das Glück hatte das der Chefarzt der Neurologie auf diese Krankheitsbilder (Chiari und Syringomyelie) spezialisiert ist.
Ich war begeistert über die aufklärenden Gesprächen und auch von den Therapiemöglichkeiten.
Fakt ist egal, wie ausgeprägt diese Chiari Malformation ist, sie ist trotzdem vorhanden und beeinträchtigt vieles. Wenn das Rückenmark gequetscht/gedrückt wird, spielt der Tiefstand des Kleinhirns keine Rolle, die Beschwerden sind vorhanden.
Meine Hausärztin unterstützt mich, wo sie kann
Mein weiterer Weg war recht ergiebig. Seit diesem aussagefähigen Entlassungsbericht der Reha Klinik, unterstützt mich meine Hausärztin noch mehr von medizinischer Seite als zuvor schon. Ihr Motto für mich als Patientin lautet: „Egal welche Überweisung oder welches Rezept Sie benötigen, ich werde Sie nach besten Möglichkeiten aus medizinischer Sicht unterstützen." Ihre Bitte an mich ist, dass ich versuchen solle meinen Stresspegel zu senken.
Auch bei der Beantragung eines Schwerbehindertenausweises bekam ich nun Unterstützung.
Anfang nächsten Jahres steht für mich noch der Kontakt mit einem spezialisierten Neurochirurgen an. Dieses Jahr möchte ich mich einfach etwas entspannen, soweit es geht. Die Symptome sind vielseitig, mal Schwäche in den Beinen, mal Druck auf der Nase, brennender Schmerz von Kopf bis Schulter. Weiterhin habe ich Intoleranzen entwickelt, welche mich beim Essen sehr beeinflussen. Der Spezialist in Niedersachsen meinte dazu, dass mein Vagusnerv beeinträchtig sei, wodurch viele Organe fehlgeleitet werden.
Inzwischen habe ich meine komplette Ernährung umgestellt und versuche mich gesund sowie vitaminreich zu ernähren. Für mich steht zusätzlich jede Woche 2x Rehasport inklusive Krafttraining an - je nach Tagesform entscheide ich selbst, ob das gut für mich ist oder nicht. Meine Muskeln haben sich dadurch verändert, aber mein Leiden geht natürlich nicht weg davon.
Auch mal über den Tellerrand hinaus schauen
Ich möchte mit meiner Geschichte auf meine Erkrankung „Chiari Malformation" aufmerksam machen. Meine Bitte an die Ärzteschaft ist, einfach mal über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und Ihre Patienten mit ihren Beschwerden ernst zu nehmen. Körperliche Schmerzen können nicht einfach mit einer psychischen Beeinträchtigung abgetan werden. Zusätzlich möchte ich allen Betroffenen Mut machen, nicht aufzugeben und das Leben trotz allem zu genießen so gut es geht.
Ich möchte nächstes Jahr schwanger werden, habe jedoch auch Angst das meine Erkrankung schlimmer wird oder mich beeinträchtigt. Aber ich gebe nicht auf. Mein größter Wunsch, eine eigene Familie zu haben, ist einfach stärker.
