Wir hatten zu diesem Zeitpunkt keine Diagnose, nur drei Jahre voller schlafloser Nächte wegen der massiven Schlafstörungen unseres Sohns und seit einem Jahr zusätzlich die Sorge, weil er kaum mehr als drei Worte beherrschte.
Gut eine Woche später hatten die Symptome einen Namen: Phelan-McDermid-Syndrom, PMD. Ein noch selten diagnostizierter Gendefekt, der sich unter anderem sehr häufig durch Schlafstörungen, Beeinträchtigung der Sprachentwicklung und Muskelschwäche bemerkbar macht.
Eine dunkle Wolke unendlicher Traurigkeit
Mit dem genetischen Befund in der einen Hand und dem Ausdruck der Homepage einer PMD-Selbsthilfegruppe in Deutschland in der anderen verließen wir das Krankenhaus. Und mit der wiederholten Bestätigung durch den Arzt, dass unser Sohn nie sprechen wird.
Die nächsten Monate waren eine einzige dunkle Wolke unendlicher Traurigkeit. Was kam mit dem Syndrom noch auf uns zu? War unser Sohn organisch gesund oder gab es Anzeichen für Epilepsie, Fehlbildungen am Herz oder den Nieren? Und was heißt es, nicht sprechen zu können? Nicht sagen zu können, wenn man Schmerzen hat, was man essen möchte, was man tun oder lassen möchte?
Etwas Trost fanden wir durch die einfühlsame und professionelle Beratung durch die Phelan-McDermid-Gesellschaft e.V. in Deutschland und durch die medizinische Betreuung der PMD-Spezialsprechstunde der Uni Klinik in Ulm. Beides keine Selbstverständlichkeit, weil wir in Österreich zuhause sind.
Unsere großartige Logopädin gab nie auf
Schließlich fanden wir auch eine großartige Logopädin. Während für den Arzt der Zug für unseren Sohn längst abgefahren war, arbeitet sie seit drei Jahren bis zu zwei Mal pro Woche mit unserem Sohn: an seiner aktiven Sprache, mit Gebärden und mit Bildern aus der Unterstützten Kommunikation. Sie ließ sich nicht davon entmutigen, dass er weder aus einem Glas noch mit einem Strohhalm trinken konnte. Oder davon, dass er kaum Blickkontakt aufbaute und auch sonst autistische Verhaltensweisen zeigte. Unser Sohn war eine echte Herausforderung.
Heute ist er sechs Jahre alt. Beim Abendessen kommen mein Mann und ich kaum zum Reden, weil unser Sonnenschein in einer Tour Mausgeschichten und Erlebnisse vom Kindergarten erzählt. Zwar noch mit Wortansätzen oder kleinen eigenen Wortkreationen, manchmal mit Einsatz des ganzen Körpers, und mit immer wiederkehrenden Themen. Aber wir verstehen ihn und seine Kindergartenfreunde auch. Und bald wird er so weit sein, dass er auch für Fremde verständlich ist.