4 Millionen Gründe jetzt zu handeln

Forderungen der ACHSE zur Bundestagswahl 2021

Aus Anlass der Bundestagswahl im September 2021 hat die ACHSE das Positionspapier "4 Millionen Gründe jetzt zu handeln" verfasst. 20 Forderungen auf 40 Seiten sprechen eine klare Sprache: die Politik und andere  Entscheidungsträgerinnen und -träger müssen jetzt handeln! Für eine bessere Zukunft der Menschen mit Seltenen Erkrankungen und ihrer Angehörigen, und für ein optimiertes Gesundheitswesen für alle.

Lesen Sie hier das ausführliche Positionspapier der ACHSE

Positionspapier Download PDF

Positionen der ACHSE - Hard Facts 

Kurzversion des Positionspapiers Download PDF

Den Weg zur Diagnose und zur richtigen Behandlung und Pflege verkürzen und eine bessere Versorgung durch Vernetzung erreichen

2.1* Patientenpfade sollen beschrieben und veröffentlicht werden, damit für nicht spezialisierte Ärztinnen und Ärzte klar ist, welche die nächsten Schritte für eine  optimale Versorgung sind und deutlich wird, an wen betroffene Patientinnen und  Patienten verwiesen werden müssen.

2.2 Jeder chronisch erkrankte Mensch soll Anspruch auf eine unabhängige,  systemkompetente Case Managerin oder einen Case Manager „auf Rezept" haben: „MyCaseManager". Diese Person steht den Betroffenen zur Seite, hilft ihnen bei der Beantragung der Leistungen, die ihnen zustehen, dabei, die bürokratischen Hürden zu überwinden und kümmert sich um notwendige Unterstützungsmöglichkeiten, um so die bestmögliche Versorgung für sie sicherzustellen und die  Betroffenen in unserem Gesundheitssystem nicht allein zu lassen.

2.3 Die Bundesregierung soll mehr Mittel zur Verfügung stellen, um ein Bewusstsein für Seltene Erkrankungen zu schaffen und darüber aufzuklären, wo  Informationen und Hilfe zu finden sind, wenn man glaubt mit Seltenen Erkrankungen zu tun zu haben.

2.4 Vernetzung der Zentren vorantreiben: Es müssen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die deutschen Zentren für Seltene Erkrankungen  besser untereinander sowie mit den European Reference Networks (ERN) zu vernetzen.

2.5 Gute Vernetzung und Transparenz beim Einsatz von Digitalisierung und KI: ACHSE befürwortet die Förderung der Digitalisierung und Nutzung entsprechender Anwendungen (wie z.B. der ePA) und Tools sowie den Einsatz Künstlicher Intelligenz sehr. Es bedarf aber einer übergreifenden Strategie und Mittel für die Vernetzung bereits vorhandener Digitalisierungsinitiativen. Auch für die transparente Aufklärung der Patientinnen und Patienten zu den Möglichkeiten und  Konsequenzen der Nutzung von digitalen Angeboten bzw. zur Beteiligung an der Forschung müssen entsprechende Ressourcen bereitgestellt werden. Dabei sind die besonderen Belange und Bedarfe der Menschen mit Seltenen Erkrankungen zu berücksichtigen.

2.6 Genomsequenzierung soll nur in erfahrenen, spezialisierten Zentren unter Berücksichtigung der Vorgaben aus TRANSLATE-NAMSE und eingebettet in einer vernetzten spezialisierten Versorgung, durchgeführt werden.

2.7 Seltene Erkrankungen sollen schneller und systematischer im Neugeborenenscreening berücksichtigt werden. Dazu ist es ratsam, eine spezialisierte  Kommission beim G-BA zu etablieren sowie Pilotprojekte zur Durchführung neuartiger Screenings zu finanzieren.

Wissensgenerierung

3.1 Nationale Strategie Patientenregister: Die Bundesregierung soll eine nationale Strategie zum Auf- und Ausbau sowie den Erhalt und die Pflege von Registern zu Seltenen Erkrankungen entwickeln und dabei die Kommunikation, Interoperabilität und Vernetzung zwischen den verschiedenen Akteuren bzw. zwischen
den Registern sicherstellen.

3.2 Die Kodierung Seltener Erkrankungen mit Hilfe von Alpha-ID-SE mit Orpha-Code soll nicht nur für Kliniken, sondern auch im ambulanten Bereich zur Pflicht werden.

3.3 Forschungs- und Vernetzungsstrukturen müssen weiterhin gefördert werden, wie z.B. die Zusammenarbeit in den Forschungsverbünden. Darüber hinaus sollten gezielt Projekte entwickelt und gefördert werden, in denen Patientenorganisationen und Forschende gemeinsam die „unmet medical needs" von Menschen mit Seltenen Erkrankungen sichtbar machen und diese der Forschung nahebringen.

Gute Lebensqualität für Menschen mit einer Seltenen Erkrankung ermöglichen

4.1 Um flexible Pflege zu ermöglichen, sollen Pflegebedürftigen zukünftig – wie vom Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung vorgeschlagen – zwei flexible Budgets zur Verfügung stehen: Ein Pflegebudget für die reguläre Versorgung sowie ein Entlastungsbudget, aus welchem Verhinderungspflege, eine  Haushaltshilfe o.Ä. frei verfügbar finanziert werden können. Die stundenweise Verhinderungspflege soll ausgebaut, statt gekürzt werden.

4.2 Kinder und Jugendliche mit chronischen und seltenen Erkrankungen haben ein Recht auf Bildung und Teilhabe. Für den Besuch einer Regelschule spielen Inklusion und Gesundheit eine große Rolle. Um den Betroffenen ihren Bildungsalltag so gut es geht zu ermöglichen und die zusätzlichen Hürden abzubauen, fordern wir Schulgesundheitsfachkräfte in allen Schulen. Schulgesundheitsfachkräfte sind auch für Kinder ohne Einschränkungen ein Gewinn. Sie können einen wichtigen Beitrag zu einer gesunden Zukunft aller Kinder und Jugendlichen leisten.

4.3 Die ACHSE fordert eine verlässliche und ausreichende Förderung der Selbsthilfe: Die Selbsthilfe ist eine tragende Säule unserer Gesellschaft. Sie übernimmt Aufgaben der Beratung, die Verbesserung von Informationen und Leitlinien, die Aufklärung über Erkrankungen und deren Behandlungsmöglichkeiten,
die psychosoziale Unterstützung Gleichbetroffener, sie treibt Verbesserungen in der Versorgung voran. Sie bringt ihr Wissen und ihre Erfahrungen im Gesundheitswesen, in die Forschung und in die Gesellschaft ein und sollte daher auch ihrerseits von der Gesellschaft nachhaltig und planbar unterstützt
werden.

Finanzierung und Versorgung

5.1 Verlässliche unbürokratische Finanzierung der Zentren für Seltene Erkrankungen notwendig: Die Finanzierung der Zentren basiert auf einem komplizierten Finanzierungsmix. Zuschläge müssen einzeln verhandelt werden. ACHSE wünscht sich bei der Weiterentwicklung der Zentren-Finanzierung Regelungen, die nicht in Konkurrenz zur Finanzierung anderer Versorgungsangebote ausgehandelt werden müssen.

5.2 Um die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (§ 116b SGB V) für mehr Erkrankungen möglich und verfügbar zu machen, soll der Gesetzgeber a) die Finanzierungsregeln der Leistungserbringer anpassen – durch die Abschaffung der Appendizes mit der einzelnen Abrechnungsziffer für die ASV-Versorgung, eine Einführung einer neuen EBM-Ziffer für die besonderen Aufwendungen bei Seltenen Erkrankungen – und b) Anzeigeverfahren im Rahmen der Ambulanten  Spezialfachärztlichen Versorgung vereinheitlichen sowie entbürokratisieren.

Arzneimittel

6.1 Mehr Arzneimittel: Derzeit stehen etwa 200 Orphan Drugs für die über 6.000 Seltenen Erkrankungen zur Verfügung. Damit für die Seltenen Erkrankungen, für die es noch gar keine Orphan Drugs gibt, Produkte entwickelt werden, sollen die bestehenden Anreize für die Entwicklung von Orphan Drugs aufrecht erhalten werden. Damit nicht nur für die häufigeren unter den Seltenen Erkrankungen oder für die Erkrankungen, die wir schon gut verstehen, Medikamente entwickelt werden, sollten kluge Fördermodelle angeboten werden.

6.2 Guten Zugang zu Orphan Drugs aufrechterhalten: Betroffene, die in Deutschland leben, haben einen schnellen und umfassenden Zugang zu Orphan Drugs. Zurzeit wird in Europa und Deutschland über Änderungen der geltenden Regelungen debattiert. Es ist sicherzustellen, dass bei den Bemühungen, die Regelungen zu verbessern, der aktuell sehr gute Zugang nicht verschlechtert, sondern aufrechterhalten wird.

6.3 Ganzheitliche Arzneimittelversorgung – Überwindung der Sektoren: Neue innovative Arzneimittel, deren Nutzen durch den G-BA bewertet werden (AMNOG), sollten auch direkt in der Klinik zur Verfügung stehen und erstattet werden, um so die NUB-Lücke zu überwinden. Ärztinnen und Ärzte in den Niederlassungen sollten ihren Patientinnen oder Patienten die Arzneimittel, die diese kontinuierlich nehmen auch während eines Krankenhaus- oder Reha-Aufenthaltes verschreiben können.

6.4 Gemeinsames europäisches HTA-Verfahren: Die Nutzenbewertungen von Arzneimitteln für Seltene Leiden sollten zukünftig auf europäischer Ebene gemeinsam durchgeführt werden und so wenig wie möglich durch nationale Erhebungen ergänzt werden. Die Bundesregierung soll darin eine starke Patientenbeteiligung sicherstellen.

ACHSE e. V. im Juni 2021

*Hinweis: Nummerierung hier folgt Nummerierung in Positionspapier. Die Einleitung ist dort die Nummer 1.

 

Machen Sie mit!

Roter Text auf hellem Hintergrund: #4MillionenGründe für die Politik jetzt zu handeln.
Klicken Sie auf das Bild und erfahren Sie mehr über unsere Kampagne #4MillionenGründe

Kontakt

Mirjam Mann, LL.M.

Geschäftsführerin
+49-30-33 00 708-0
liamE